25.11.2016: Steckdosenmodule vor dem Durchbruch
Seit drei Jahren ist Holger Laudeley mit seinen Steckdosenmodulen – früher als Balkonsolarmodule bezeichnet – auf dem Markt. Trotz bundesweit ca. 20.000 verkaufter Module, ist der Durchbruch bis heute nicht gelungen. Ein Grund dafür ist die Verunsicherungstaktik vieler Netzbetreiber und sogar von Landesministerien, die viele potenzielle Käufer von Steckdosenmodulen verunsichern. Doch vielfältige Entwicklungen zeigen, dass die Steckdosenmodule bald die rechtliche Grauzone verlassen und den Durchbruch schaffen dürften.
„Es hat Spaß gemacht und wird sind heute deutlich weiter als vor zwei Jahren“, sagt Holger Laudeley. Er vertreibt über die Marke e.cube systems Steckdosenmodule. Anfang dieser Woche nahm er zusammen mit Vertretern der DGS-Arbeitsgruppe pvplug am ersten Normungs-Workshop der DKE zum Thema „Steckerfertige Erzeugungseinrichtungen Mini-PV/Plug-in PV – Sicherheitsaspekte bei der dezentralen Einspeisung in Niederspannungsanlagen“ teil.
Dabei stellte ein Vertreter des renommierten Fraunhofer ISE u.a. eine Studie vor, die zum Ergebnis gelangt, dass von steckerfertigen, netzgekoppelten Kleinst-PV-Anlagen keine Gefahren ausgehen. Insbesondere hob die sich auf Österreich beziehende Studie Folgendes hervor:
- Kleinst-PV-Systeme führen typischerweise eher zu einer Entlastung der Hausinstallation als zu einer unzulässigen Belastung.
- Zur Vermeidung von Brandgefahren im Fehlerfall wird eine Leistungsbegrenzung für die Einspeisung auf einer Leitung empfohlen, die sich nach den vorhandenen Kapazitätsreserven der Leitung richtet. Die so motivierte Leistungsbegrenzung liegt im Bereich von 400 W bis 800 W Nennleistung. Auf Ebene des Ortnetztransformators ist nicht mit einer Rückspeisung überschüssiger Erzeugungsmengen aus den Kleinst-PV-Systemen zu rechnen. Kleinst-PV-Systeme sind für den Netzbetrieb ab Mittelspannungsebene aufwärts irrelevant.
- Angesichts der im Vergleich zur österreichischen Kraftwerkskapazität von 24 GW sehr geringen zu erwartenden Summen-Nennleistung von 35 MW für Kleinst-PV-Anlagen im Referenzszenario – auch die 100 MW Summen-Nennleistung im Szenario „große Durchdringung“ sind noch sehr klein – kann man ein Risiko für die Netzstabilität durch Kleinst-PV-Anlagen ausschließen.
- Die Gutachter sehen zusammenfassend den Betrieb von Kleinst-PV-Anlagen in Österreich als technisch unproblematisch an, sofern die entsprechenden Rahmenbedingungen und Empfehlungen eingehalten werden. Eine Gefährdung des Netzbetriebes ist ausgeschlossen, sofern die heute für reguläre Anlagen geltenden Anforderungen an die Netzschutzparameter nach TOR D4 erfüllt werden.
Vor dem Workshop hatte die DGS-Arbeitsgruppe pvplug ein Positionspapier vorgelegt und darin die Forderung nach „verbraucherfreundlichen, juristischen und sachlich angemessenen Regeln für Stecker Solar Geräte“ aufgestellt:
- Eine Bagatellgrenze für den Anschluss von Stecker-Solar-Geräten durch den Nutzer
- Keine Meldepflicht für Anlagen bis 800 Watt gemäß EU Netzkodex 2016/631
- Eine rationale Risikowahrnehmung wie in der Schweiz, den Niederlanden und Österreich, um auch hierzulande die Möglichkeit zu bieten, sichere Stecker-Solar-Geräte ohne zusätzlichen Aufwand in Betrieb nehmen zu können
- Ein klares Bekenntnis der Netzbetreiber und der Politik zur dezentralen Stromerzeugung und zum Abbau bestehender normativer Hürden für Bürger, die regenerative Stromerzeugungseinrichtungen betreiben (Prosumer)
„Insgesamt war der Dialog dort in Frankfurt am Main ausgesprochen angenehm und konstruktiv“, fasst Holger Laudeley zusammen. „Letztlich wird der DKE langfristig nicht umhinkommen, die Normen entsprechend der Gegebenheiten anzupassen oder den unkontrollierten ‚Wildwuchs‘ zu akzeptieren – aber das kann niemand wollen.“ Letztlich seien deutliche Fortschritte im Verständnis füreinander zu spüren und der Experten-Zusammenschluss pvplug werde als Sparringspartner auf Augenhöhe wahrgenommen. Ein harter „Gang durch die Institutionen“ stehe aber noch bevor.
pv magazine Award für pvplug
Unterdessen ist pvplug – hierzu gehört auch e.cube systems – mit dem pv magazine Award in der Kategorie „top innovation“ ausgezeichnet worden. Ein weiteres Indiz dafür, dass die Steckdosenmodule heute anders als vor zwei oder drei Jahren wahrgenommen werden. Schließlich, so der Anspruch von pvplug, gehe es darum, die Ener
giewende in die Städte zu bringen – da die meisten Städter kein eigenes Dach, viele aber einen Balkon haben, sind die Solarmodule für die Steckdose die einzige Chance, ebenfalls von der Energiewende zu profitieren.
Und sogar der Widerstand einiger Netzbetreiber bröckelt inzwischen. Westnetz, so berichtet das Greenpeace-Blog, hatte eine Kundin unter Druck gesetzt, die ein Steckdosenmodul der Marke „simon“ installieren wollte. Im November, so berichtet Greenpeace, dann die kleinlaute Kehrtwende: „Nach eingehender Prüfung der … vorgelegten Unterlagen (teilen wir mit), dass wir … an unserer Einschätzung aus dem Schreiben … nicht weiter festhalten.“ Außerdem seien „schädliche oder störende Rückwirkungen auf unser Elektrizitätsversorgungsnetz nicht erkennbar.“